Nachwuchs-Kolloquium „Success Stories Geodäsie“ 2024

Am 1. Februar 2024 fand das DVW-Nachwuchskolloquium "Success Stories Geodäsie" an der Uni Stuttgart statt. Drei herausragende Referenten teilten ihre einzigartigen beruflichen Erfahrungen und inspirierten die etwa 90 Teilnehmer mit spannenden Einblicken in die Welt der Geodäsie und Geoinformatik.

Nachwuchs-Kolloquium „Success Stories Geodäsie“: Inspiration für angehende Geodätinnen und Geodäten (01.02.2024)

Am 1. Februar 2024 fand das DVW-Nachwuchskolloquium "Success Stories Geodäsie" an der Uni Stuttgart statt. Drei herausragende Referenten teilten ihre einzigartigen beruflichen Erfahrungen und inspirierten die etwa 90 Teilnehmer mit spannenden Einblicken in die Welt der Geodäsie und Geoinformatik.

 

Lewin Hajer: Auf den Spuren der Flurneuordnung

Lewin Hajer, der 2018 seinen Abschluss in Geodäsie und Geoinformatik an der Universität Stuttgart absolvierte, nahm die Zuhörer mit auf eine faszinierende Reise in die Flurneuordnung.

Die Anfänge von Hajers Weg in die Geodäsie waren geprägt von der Suche nach einer Studienrichtung, die nicht nur ungewöhnlich, sondern auch mit einer Prise Programmierung versehen war. Ein Orientierungstest führte ihn schließlich zur Geodäsie. Im Masterstudium spezialisierte er sich auf die Photogrammetrie und verfasste seine Masterarbeit beim Deutschen Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Spanien.

Nach einem erfolgreichen Studienabschluss wagte sich Hajer zunächst in die Welt der Softwareentwicklung bei Ferchau und bei ZF Friedrichshafen, bevor er 2020 sein Referendariat beim Landratsamt Ravensburg begann. Hier erlangte er nicht nur Einblicke in die Verwaltung, sondern auch ein vertieftes Verständnis für die Flurneuordnung.

In seinem Vortrag erklärte Hajer zunächst die Bedeutung der Flurneuordnung für den ländlichen Raum. Er verdeutlichte, wie veraltete Wege, Besitzzersplitterung und konkurrierende Nutzung durch die Neuordnung transformative Lösungen erfahren. Als Projektleiter bei der gemeinsamen Dienststelle Flurneuordnung der Landkreise Alb-Donau-Kreis und Biberach skizzierte er den Ablauf seines Arbeitslebens und betonte die Vielfalt der Aufgaben – von der Kommunikation mit Interessengruppen bis zur Personalführung.

Besonders hob er die Mischung aus Innen- und Außendienst sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Land- und Forstwirtschaft über Vermessung bis hin zu Natur- und Umweltschutz hervor. Dabei betonte Hajer den kreativen Freiraum in einem vermeintlich bürokratischen Umfeld und ermutigte die Zuhörer, die Flurneuordnung als Chance zu sehen, kreativ tätig zu werden.

Sein Vortrag endete mit einem positiven Ausblick auf die berufliche Laufbahn in der Verwaltung und einer ermutigenden Erklärung, dass die Besoldung als Beamter keineswegs abschrecken sollte, sondern eine stabile Grundlage für eine vielversprechende Karriere bietet. Sein Appell an die Studierenden lautete, das Studium ernst zu nehmen, die Universität zu genießen und bei jeder Gelegenheit über den Tellerrand hinauszuschauen. Mit der Hoffnung, dass viele den Weg des Referendariats einschlagen werden, sei es bei der gemeinsamen Dienststelle in Ehingen oder auch durch ein Praktikum, schloss Hajer seine Präsentation.

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Stefan Kohler: Vom Kameramann zum GNSS-Simulanten

Stefan Kohler, der seine berufliche Laufbahn 2012 an der Universität Stuttgart begann, beeindruckte die Zuhörer mit seiner einzigartigen Transformation "Vom Kameramann zum GNSS-Simulanten".

Ursprünglich hatte Kohler den Wunsch, in der Medienbranche als Kameramann oder Radiomoderator Fuß zu fassen, bis sein Vater ihm einen klugen Rat gab. Angeregt durch seine herausragenden Noten in Mathematik und Physik schlug er vor, sich in diesen Fachgebieten zu vertiefen. Diese Überlegung führte ihn schließlich zur Geodäsie an der Universität Stuttgart.

Die Anfänge waren nicht einfach, da er anfangs wenig mit dem Studiengang anfangen konnte. Doch im Laufe seines Studiums entdeckte er seine Leidenschaft für die Geodäsie. Sein Engagement wuchs stetig, und er übernahm verschiedene Tätigkeiten, darunter die eines Hilfswissenschaftlers am Institut für Ingenieurgeodäsie und Mathetutors. Als Mitglied der Masterzulassungskommission und aktiv bei KonGeoS gestaltete er die geodätische Gemeinschaft mit.

Während seines Studiums fungierte Stefan Kohler als Studienbotschafter an Schulen. Obwohl er zunächst als Geologiestudent vorgestellt wurde, schaffte er es, die Faszination der Geodäsie so überzeugend zu vermitteln, dass Schüler sich trotz des anfänglichen Missverständnisses für ein Studium in diesem Fach entschieden.

Nach seinem erfolgreichen Masterabschluss führte ihn der Weg zur Robert Bosch GmbH, wo er als Simulationsingenieur eingestellt wurde. Hier wurde er Teil eines weltweit agierenden interdisziplinären Teams für Fahrzeugbewegung und Positionssensorik (VMPS). Das Team konzentriert sich auf hochgenaue absolute und relative Fahrzeugpositionierung basierend auf GNSS und Inertialsensorik.

Seine Hauptaufgabe besteht darin, einen im Team entwickelten Bewegungs- und Positionssensor unter verschiedenen Bedingungen (Autobahn, Tunnel, Wald, Stadt) europaweit zu testen und Freigabemessungen zu generieren. Zusätzlich kümmert er sich um Simulationen, um präzise Korrekturdaten vorherzusagen und anzubieten.

Besonders bemerkenswert ist, dass etwa 10% seines Teams bei Bosch Geodäten sind. Dies ermöglichte Stefan Kohler, die Robert Bosch GmbH als attraktiven Arbeitgeber für Geodäten zu empfehlen.

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Jakob Schmidt: Von den Geowissenschaften zur Promotion in der Geodäsie

Jakob Schmidt gewährte in seinem Vortrag einen faszinierenden Einblick in seine persönliche und berufliche Entwicklung. Sein Weg begann mit einem Bachelor in Geowissenschaften an der Universität Tübingen, ohne zuvor von der Geodäsie gehört zu haben.

Während seines Geodäsie-Bachelorstudiums entdeckte Schmidt seine Begeisterung für praktische Vermessungsaufgaben und fand seine Leidenschaft in der Photogrammetrie, was schließlich zu seiner Bachelorarbeit in diesem Bereich führte. Die Entscheidung, nach dem Bachelor direkt in den Beruf einzusteigen oder einen Master anzustreben, führte ihn zunächst in den gehobenen vermessungstechnischen Verwaltungsdienst beim Landratsamt Alb-Donau-Kreis. Doch die starren Strukturen und Bürokratie in der Verwaltung motivierten ihn, den Master in Geodäsie und Geoinformatik an der Universität Stuttgart zu absolvieren.

Im Masterstudium konnte er nicht nur seine Begeisterung für Photogrammetrie vertiefen, sondern fand auch Freude an Programmieraufgaben. Diese Erfahrungen führten ihn zu einem Job mit Photogrammetriebezug und letztendlich zur Stellenausschreibung an der TU Darmstadt im Fachgebiet Fernerkundung und Bildanalyse.

Schmidt reflektierte über die Freiheiten und Herausforderungen, die mit der Entscheidung für eine Promotion einhergehen. Die Freiheit bei der Wahl des Promotionsthemas und das Forschungsumfeld an einer Universität faszinierten ihn, jedoch muss er sich mit Projekten ohne direkten Bezug zur Promotion, Lehrverpflichtungen und befristeten Arbeitsverträgen auseinandersetzen.

In seiner eigenen Forschung am Fachgebiet Geodätische Messsysteme und Sensorik beschäftigt er sich mit der Analyse von Punktwolken, insbesondere der Erfassung von Ecken und Kanten in Innenräumen. Sein Ziel ist es, aus einer Punktwolke automatisch ein präzises 3D-Modell zu generieren, wofür er verschiedene Technologien wie Laser-Scanner und Tachymeter nutzt.

Schmidt teilte seine Erfahrungen und gab Tipps für angehende Promovierende. Er betonte die Bedeutung von Selbstmotivation, strukturiertem Arbeiten und dem Knüpfen von Kontakten an verschiedenen Standorten. Seine Erfahrungen mit Konferenzen und Dienstreisen, die ihn durch ganz Europa führten, unterstrichen die Bedeutung dieser Aktivitäten für die persönliche und berufliche Entwicklung.

Abschließend ermutigte Jakob Schmidt die anwesenden Studierenden mit den Worten: "Ein Lebenslauf muss nicht immer linear verlaufen. Er kann Abzweigungen enthalten oder längere Phasen, aber für jeden, der sein Studium ordentlich durchführt, gibt es eine Perspektive in der Promotion oder in der Wirtschaft."

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Das Nachwuchskolloquium war wieder ein riesiger Erfolg. Die praxisnahen Einblicke der Referenten in ihre beruflichen Reisen schärften nicht nur das Verständnis für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in der Geodäsie-Community, sondern zeigten auch, dass der Weg zum Erfolg oft über unkonventionelle Pfade führen kann. Mit neuen Erkenntnissen und wertvollen Kontakten klang das DVW-Nachwuchskolloquium "Success Stories Geodäsie" im Anschluss bei einem kleinen Imbiss und Getränken aus.

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Susanne Krüger
Nachwuchsreferentin DVW Baden-Württemberg e.V.

Bild: © DVW Baden-Württemberg e.V.

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