DVW-Seminar „Das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren als Landentwicklungsverfahren – Möglichkeiten und Grenzen“
Am 25. Juli 2022 fand nach mehrmaligem, coronabedingtem Verschieben das DVW-Seminar „Das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren als Landentwicklungsverfahren – Möglichkeiten und Grenzen“ als gemeinsame Veranstaltung des DVW-Arbeitskreis 5 „Landmanagement“ und der DVW-Landesvereine Bayern und Baden-Württemberg in Würzburg statt. Den rund 70 Teilnehmenden wurde ein vielschichtiges und spannendes Programm mit Vorträgen zu den Anordnungsvoraussetzungen und den Zielstellungen des Landentwicklungsverfahrens sowie zu aktuellen Rechtsfragen geboten. Anhand von vier Praxisbeispielen wurde aufgezeigt, wie Landentwicklungsverfahren erfolgreich eingeleitet und durchgeführt werden können.
Martin Schumann von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier erläuterte in seiner Einführung die Hintergründe zur Durchführung des Seminars. Neben der stetigen Zunahme der Verfahren nach § 86 FlurbG weichen derzeit aktuelle Rechtsprechungen und praktische Anwendungen zum Teil voneinander ab. Dies sollte im Rahmen des Seminars aufgezeigt und erörtert werden.
Professor Karl-Heinz Thiemann, Universität der Bundeswehr München, referierte über die Rechtsgrundlagen für Anordnung von vereinfachten Flurbereinigungsverfahren zur Landentwicklung. Das Hauptziel eines Verfahrens nach § 86 FlurbG ist die Auflösung von Landnutzungskonflikten, womit auch die Privatnützigkeit des Verfahrens begründet wird. Wichtig sind insbesondere auch Inhalt und Begründung des Anordnungsbeschlusses. Bei einem Verfahren nach § 86 FlurbG handelt es sich um ein „Agrarstrukturverschlechterungsvermeidungsverfahren“ im Gegensatz zu einem „Agrarstrukturverbesserungsverfahren“ nach §§ 1, 4 und 37 FlurbG. Ein entscheidender Unterschied zwischen beiden Verfahrensarten liegt in den jeweiligen Rechtsfolgen für das Verfahren und nicht in den Einleitungsvoraussetzungen.
In einem Bericht aus der Praxis informierte Dagmar Bix, Bezirksregierung Münster, über Bodenordnungen zur Umsetzung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen mittels Verfahren nach § 86 FlurbG in Nordrhein-Westfalen. Dabei verwies sie auf die Notwendigkeit einer optimalen Abgrenzung des Verfahrensgebietes, die Vermeidung von Regelungen auf freiwilliger Basis im Einleitungsbeschluss sowie die Möglichkeit zur Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung nach § 87 FlurbG auch bei einem Flächenbedarf für das Unternehmen von unter 5 ha.
Barbara Meierhöfer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westpflalz sprach über die das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren zur Umsetzung von naturschutzfachlichen Planungen am Beispiel des Naturschutzgroßprojektes Bienwald. Wichtig für den Erfolg war aus ihrer Sicht eine möglichst frühzeitige und gute Kommunikation mit dem Projektträger und den Eigentümern. Zur Vertrauensbildung hat darüber hinaus maßgeblich die Mitgliedschaft der oberen Flurbereinigungsbehörde im Vorstand der Teilnehmergemeinschaft beigetragen.
In Bayern werden Verfahren nach § 86 FlurbG u.a. zur Umsetzung ländlicher Kernwegenetzkonzepte eingeleitet. Wolfgang Zilker vom Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken hat in seinen Ausführungen die Vorgehensweise näher erläutert. Dabei wurde auch diskutiert, wie der Aspekt der Privatnützigkeit bei diesen Wegebauverfahren für die Grundstückseigentümer definiert wird.
Andreas Oeynhausen, Landkreis Freudenstadt, referierte anhand von Beispielen über Verfahren nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG als kleine Schwester der Unternehmensflurbereinigung. Dabei muss die überwiegende Privatnützigkeit gegeben sein. Oftmals ist in der Praxis der Übergang zum Unternehmensverfahren fließend. Schwierigkeiten bereiten in beiden Verfahrensarten häufig die Definition der Ziele und die Erwartungshaltung der Teilnehmer.
Im Rahmen der abschließenden Podiumsdiskussion mit allen Referenten wurde festgestellt, dass ein Verfahren nach § 87 FlurbG normalerweise die richtige Verfahrensart darstellt, wenn die Umsetzung eines Vorhabens im Vordergrund steht. Gleichwohl kann ein Verfahren nach § 86 FlurbG eingeleitet werden, wenn informelle, „weiche“ Planungen, bei denen keine vollumfängliche Flächenbereitstellung erforderlich ist, realisiert werden sollen. Es muss aber stets der Zweck des Verfahrens beachtet werden. Seitens der Politik wird häufig ein 86er-Verfahren bevorzugt, weil in einem 87er Verfahren immer der Aspekt der Enteignung mitschwingt. Hilfreich ist es gegebenenfalls vor der Wahl der Verfahrensart eine Risikoabschätzung durchzuführen.
Der Vorsitzende des DVW Bayern, Florian Socher, dankte zum Schluss allen Organisatoren, Referenten und Teilnehmern für das gelungene Seminar. Dabei hat insbesondere auch der fachliche Austausch in dieser Präsenzveranstaltung zum Erfolg beigetragen.
Bilder: (c) Erik Bergner